Automatische Modellkonstruktion ist eine fundamentale Aufgabe in der Robotik [29]. Die Problemstellung lässt sich einfach formulieren: Wird ein Roboter in einer ihm unbekannten Umgebung ausgesetzt, muss er die Umgebung mit seinen Sensoren erfassen, um anschließend ein vollständiges digitales Modell von ihr erzeugen zu können. Ein solches Umgebungsmodell ermöglicht es einem automatischen System beispielsweise über die Umgebung zu kommunizieren oder Aktionen darin zu reproduzieren. In der vorliegenden Arbeit entsteht dieses Modell durch das Zusammenfügen unterschiedlicher Tiefenbilder, die der auf dem Roboter montierte 3D-Laserscanner von verschiedenen Positionen aus aufnimmt. Folglich stellt sich nach jedem Scan immer wieder die Frage: Wohin muss der Roboter fahren, um eine möglichst optimale Position für den nächsten 3D-Scan zu erreichen? Die Antwort auf das Explorationsproblem geben so genannte Nächste-beste-Sicht (engl.: next best view) Algorithmen. Sie ermitteln die optimale nächste Scanposition. Die Optimalität wird dabei anhand definierter Kriterien bestimmt (vgl. Kapitel 4.3 Gleichung (4.1)).
Traditionelle Nächste-beste-Sicht-Algorithmen sind nicht besonders gut für die Robotik geeignet [29]. Sie kombinieren zuerst Teilmodelle und schließen entstehende Lücken durch neue Aufnahmen. Dabei wird vorausgesetzt, dass sich ein Sensor völlig frei um das Objekt bewegen kann [7,17,60,61]. In der Robotik hat der Sensor nur eine begrenzte Anzahl von Freiheitsgraden und befindet sich innerhalb der konvexen Hülle der Szene. Zusätzlich müssen mögliche Kollisionen vermieden werden. Aufgrund von physikalischen Einschränkungen, wie zum Beispiel Schlupf und Reibung, ist die Positionsbestimmung eines Roboters schwierig. Sie können allerdings durch effektive Registrationsalgorithmen (vgl. Kapitel 3) ausgeglichen werden. Man spricht in diesem Zusammenhang vom simultanen Lokalisations- und Kartierungsproblem (engl.: simultaneous localization and map building problem kurz: SLAM).
Es wird nun darum gehen, einen Algorithmus für die Nächste-beste-Sicht - im Folgenden mit NBV bezeichnet - herzuleiten. Als Ausgangspunkt dient ein Algorithmus für Roboter, die den Grundriss ihrer Umgebung kennen (Abschnitte 4.2 und 4.2.1). Anschließend erfolgen Erweiterungen für das Explorationsproblem und für den 3D-Fall (Abschnitt 4.3). Schließlich beschäftigt sich Abschnitt 4.4 mit dem Erreichen des berechneten neuen Scanpunktes.